Dr. Heinrich Stephanis "einzig wahre Lesemethode"

Bild: Dr. Heinrich Stephani, Dekan in Gunzenhausen
Dr. Heinrich Stephani, Dekan in Gunzenhausen

Quelle: Festschrift der Stephani-Volksschule Gunzenhausen anlässlich der Einweihung des Erweiterungsbaus am 22. April 1988

Werden Lehrerinnen und Lehrer nicht bisweilen ungeduldig, wenn ihre ABC-Schützen länger als ein halbes Jahr brauchen, um das Lesen zu erlernen? Dabei hatte man es früher als ganz normal erachtet, wenn kluge Kinder vier Jahre dazu benötigten. Die entscheidende methodische Erleichterung beim Lesenlernen verdanken unsere Kinder Dr. Heinrich Stephani.

Die Methode, nach der Kinder seit der Antike allgemein das Lesen erlernten, heißt Buchstabiermethode. Wie Stephani im zweiten Bändchen seiner jährlich erschienenen Zeitschrift "Der baierische Schulfreund" schreibt, hat die Buchstabiermethode " … das Eigenthümliche, daß sie ihre Schüler anhält, die Namen der Buchstaben in der Reihenfolge einer jeden Sylbe herzusagen, die vom Lehrer vorgesprochene Sylbe dann nachzusprechen und damit so lange fortzufahren, bis denselben jede Sylbe und jedes Wort dadurch so mechanisch bekannt geworden ist, daß sie dann wirklich ohne Anstand fertig lesen können." Die Bezeichnung der Buchstaben im Alphabet war also Grundlage des Leselernprozesses.

Die folgenden Spottverse beschreiben das noch deutlicher:

Wenn man "hoch" lesen will, spricht man ha-o-ce-ha.
Man tönet zweimal ha und ist darin kein a.
Klingt es nicht wunderlich, wenn man will "spielen" sagen
Und kommt mit es-pe-i-e-el-e-en hervor;
Ein solch gezognes Spiel möcht' mich vom Lernen jagen.
So kommt ja allzuschwer der rechte Zweck hervor.