Filmendes Klassenzimmer

Mit einem lauten „Ruhe bitte“ verschafft sich der Regisseur Gehör. Die Schüler der Klasse 8b der Stephani-Mittelschule kommen dieser Anweisung nach, alle sind sogleich still, während nach einem „Kamera läuft“ der Dreh mit einem „Und bitte“ beginnt: Die Schüler spielen eine Szene auf dem Pausenhof. Zwei dunkelhäutige Jungen werden von Gleichaltrigen bloßgestellt, beleidigt und sogar verprügelt. Und das nur, weil sie eine andere Hautfarbe haben. Die Jugendlichen finden in ihnen ein Ventil für ihren Fremdenhass. Der Hintergrund dieser aufrüttelnden Szene ist folgender: Die Mittelschüler schlüpften im Rahmen des Projektes „Filmendes Klassenzimmer“ in die Rolle von Schauspielern, Statisten und nahmen Aufgaben an Kamera sowie Technik wahr. Gemeinsam mit zwei Klassen der Altmühlfranken-Schule konnten sie einen von den Jugendsozialarbeitern Carola Schmidt, Veronika Schmidtpeter (beide Landratsamt) und Thomas Pfaffinger (Diakonie) initiierten spannenden Tag in den Bavaria Filmstudios in München erleben.

In zuvor durchgeführten Unterrichtseinheiten zum Thema „Farbe bekennen! – Gegen Alltagsrassismus“ hatten sich die Jugendlichen mit den Menschenrechten, Diskriminierung und Rechtsextremismus intensiv auseinandergesetzt. (wir berichteten) Aus dem folgenden Wettbewerb – jede Klasse der 8. Jahrgangsstufe reichte ein kurzes Drehbuch zum Thema ein – ging schließlich die Klasse 8b der Stephani-Schule Gunzenhausen sowie die Klassen 7/8 der Altmühlfranken-Schule Weißenburg-Gunzenhausen als Sieger hervor. Mit ihren Klassenlehrern Claudia Walch sowie Ilona König und Martin Bosch machten sich mehr als 40 Schüler zusammen mit den Sozialpädagogen auf den Weg in die Filmstadt München. Dort wurden die Geschichten unter professioneller Anleitung zu den Filmen „Fremdenhass. Stopp“ und „Der Fußballaffe“.

Bevor es an den Dreh ging, musste jedoch das Drehbuch nochmals besprochen, manche Szene an die Örtlichkeiten angepasst und die Rollen verteilt werden. „Ein normaler Drehtag beim Film geht locker bis zu zehn Stunden“, machte der Regisseur deutlich. „So ein Drehtag ist richtig harte Arbeit.“ Dies wurde den Jungen und Mädchen rasch bewusst, obwohl sie für ihren Film nur gut drei Stunden am Set tätig waren. Für ihre Geschichte hatten sie darüber hinaus zwei Schlägereien ins Drehbuch geschrieben. Doch wie schlägert man sich eigentlich beim Film? Dies wurde sogleich mit dem Regisseur geübt – und zwar ganz ohne blaue Flecken, dafür aber mit umso mehr Körperbeherrschung und Konzentration. Anschließend ging es richtig los: Zwei der Schüler bezogen hinter der Kamera Stellung. Sie waren für die richtige Kameraeinstellung und den Ton zuständig. Nicht jede Szene saß auf Anhieb, vor allem die Dialoge waren eine große Herausforderung für die Nachwuchsschauspieler. „Es war richtig schwierig, ernst zu bleiben und nicht zu lachen“, berichtet einer der Achtklässler. Doch die Schüler bewiesen Durchhaltevermögen. Am Set herrschte durchwegs trotz winterlicher Temperaturen eine angenehm konzentrierte Atmosphäre, auch von mehrmaligen Szenenwiederholungen ließen sich die Jugendlichen nicht unterkriegen. Schließlich war die letzte Szene im Kasten, der Regisseur zufrieden und die Mittagspause mehr als verdient. Parallel zu den Mittelschülern drehten die Altmühlfranken-Schüler ihren Film. In diesem steht ein Fußballspiel im Mittelpunkt, bei dem ein ausländischer Junge erst ausgeschlossen wird, aber letztlich auf humorvoll dargestellte Weise einen Weg findet, doch mitzuspielen zu dürfen.

Anschließend erwartete die Teenager noch eine kurzweilige Führung durch Kulissen und Sets der Filmstadt sowie durch die Meilensteine der Filmgeschichte. Besonders viel Spaß machten den jungen Menschen hierbei die interaktiven Elemente, bei denen sie weitere Erfahrungen vor der Kamera sammeln konnten. Auch der Besuch des 4D-Kinos war natürlich ein Highlight. Doch der eigentliche Höhepunkt stand noch aus: Die Premiere der eigenen Filme. Diese wurden in der Zwischenzeit bearbeitet, geschnitten und mit Musik hinterlegt. Die Spannung war greifbar, als die Regisseure auf die „Play“-Taste drückten und die Filme auf die Leinwand projizierten. „Die Vorführung war ein richtiger Gänsehaut-Moment“, zeigen sich die Sozialpädagogen im Rückblick stolz auf das Erreichte. Auch die Schüler waren äußerst begeistert von ihren Werken, sie quittierten die Premieren jeweils mit großem Applaus.

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