Projekt "Farbe bekennen! – Gegen Rassismus im Alltag"

Die Achtklässler der Stephani-Mittelschule und der Altmühlfranken-Schule an den Standorten in Weißenburg sowie Gunzenhausen setzten sich im Rahmen des Projektes „Farbe bekennen! – Gegen Rassismus im Alltag“ mit den Themen Menschenrechte, Diskriminierung, Rassismus und Hass im Netz (sogenanntem „Hate Speech“) auseinander. Initiiert wurden die Unterrichtseinheiten, die als Einstieg zum Projekt Filmendes Klassenzimmer dienten, von den Jugendsozialarbeitern Veronika Schmidtpeter, Carola Schmidt (beide vom Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen) sowie Thomas Pfaffinger (Diakonie Weißenburg-Gunzenhausen). Unterstützend brachte sich zudem Schulsozialpädagogin Lisa Knorr mit ein.

„Alle Menschen haben Vorurteile und Vorhaltungen gegenüber anderen“, führt Veronika Schmidtpeter den erstaunten Schülern vor Augen. „Mit Vorurteilen und auch mit Rassismus ordnen wir unser Leben in bestimmte Kategorien – und damit finden wir uns einfacher im Alltag zurecht. In gewisser Weise sind wir alle rassistisch.“ Rassismus ist also allgegenwärtig, ob im Supermarkt um die Ecke oder in seinen neuesten Formen als Hasskommentare im Netz. Insbesondere der schleichende Übergang zu Diskriminierung führt dazu, dass Menschen herabgewürdigt und benachteiligt werden. Anhand eines Filmbeitrags von Ali Can, der als Initiator einer „Hotline für besorgte Bürger" national wie international bekannt geworden ist, wird deutlich, dass Menschen nicht pauschal in die rechte Ecke gestellt werden dürfen, sondern vielmehr das Gespräch mit ihnen gesucht werden sollte.

Im Folgenden beschäftigen sich die Jungen und Mädchen mit den Menschenrechten. Diese gelten – im Gegensatz zu den Bürgerrechten, die nur für deutsche Staatsbürger Anwendung finden – für alle Menschen in unserem Land. Menschenrechte sind angeboren und können weder verliehen noch aberkannt werden. Die Jugendlichen erarbeiten, was sich hinter Artikel 1 „Alle Menschen sind gleich und frei“ oder Artikel 15 „Jeder hat das Recht auf eine Staatsangehörigkeit“ verbirgt und wie diese Rechte mit Leben gefüllt werden.

Anhand der Spielaktion „Alle, die …“ wird den Schülern nahe gebracht, wie leicht es ist, Menschen in bestimmte Kategorien einzuordnen. „Nicht der erhobene Zeigefinger bewirkt unserer Erfahrung nach etwas“, macht Thomas Pfaffinger deutlich, „sondern vielmehr möchten wir erreichen, dass die Jugendlichen kritisch über sich selbst, ihre Werte und ihre Einstellungen ins Nachdenken kommen.“ Besonders eindrucksvoll ist die Aktion „Ein Schritt nach vorn“: Die Jungen und Mädchen werden aufgefordert, anhand pauschaler Aussagen in eine Rolle zu schlüpfen, zu der sie nun Fragen wie „Glaubst Du, dass Du viele Freunde hast?“ oder „Glaubst Du, dass Du Dir einen Urlaub leisten kannst?“ beantworten. Kann diese Frage mit „Ja“ beantwortet werden, geht es beispielsweise für „eine 20-Jährige mit Kopftuch“ einen Schritt nach vorne. Dies verdeutlicht den jungen Menschen, welche Zuordnungen in unseren Köpfen ablaufen, wie schnell wir dazu neigen, bestimmten Personengruppen Eigenschaften und Merkmale anzuheften – ohne Näheres über diese Menschen zu wissen. Ganz vorne finden sich schließlich Beschreibungen á la „Du bist 20 Jahre alt und Sohn eines Arztes“, während „Du sitzt seit Geburt an im Rollstuhl“ weiter hinten seinen Platz findet. Im  Auswertungsgespräch wird mit den Schülern darauf eingegangen, wie sie sich in ihrer Rolle gefühlt haben, wie leicht es ihnen fiel, Antworten auf die Fragen zu finden. Zumal sind einige von den Antworten ihrer Mitschüler sehr überrascht, hätten sie selbst so manche Frage doch ganz anders beantwortet – und damit der Rollenfigur zu einem anderen Platz in der Rangfolge verholfen. Eindrucksvoll, welch unterschiedliche Bilder in den jeweiligen Köpfen entstehen – jeweils begründet aus eigenen Erfahrungen und Erlebnissen.

Anschließend kommen noch junge Menschen zu Wort, die selbst Erfahrungen mit Alltagsrassismus und Diskriminierung gemacht haben. Anhand mehrerer Filmbeiträge erzählen diese – die oftmals in Deutschland geboren und hier aufgewachsen sind – von Anfeindungen aufgrund von Hautfarbe oder Aussehen. Ein  provokantes Sozialexperiment rundet die inhaltliche Auseinandersetzung ab: "Ausländer müssen hinten sitzen" – steht da auf dem Schild im Bus. Wie die Menschen darauf reagieren, ist erstaunlich. 2015 wurde dieses Experiment gewagt und mit versteckter Kamera verfolgt,  wie Mitfahrer hierauf reagieren. „Tolerierten die Menschen den Rassismus im Bus? Eine spannende Frage, die die Jungen und Mädchen aufwühlt und mit Sicherheit weiter beschäftigt“, berichtet Carola Schmidt.

Die Unterrichtseinheit mündet darin, dass die Schüler sich anhand von kurzen Rollenspielen weiter mit den Themen beschäftigen. Schließlich soll am Ende eine jede Klasse ein Drehbuch zum Projekt „Farbe bekennen! – Gegen Rassismus im Alltag“ erarbeiten und dieses in einen Wettbewerb mit den anderen Teilnehmern einreichen. Die Siegerklasse darf in die Bavaria Filmstudios nach München fahren. „Dort können die Jugendlichen dann erleben, wie aus ihrer Geschichte ein eigener Film wird“, erläutern die Fachkräfte.

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