Streitschlichter

15 Schüler üben am Standort der Stephani-Mittelschule in Gunzenhausen den Dienst als Streitschlichter aus. Hier agieren sie als Lotsen bei Konflikten und unterstützen ihre Mitschüler bei der Suche nach gewaltfreien Lösungen. Für die Ausbildung sowie die Begleitung der Jungen und Mädchen zeichnen sich die Jugendsozialarbeiter Thomas Pfaffinger (Diakonie) und Carola Schmidt (Landratsamt) verantwortlich.

Es ist Montagmorgen. Viele Schüler laufen gut gelaunt über den Pausenhof, erzählen ihren Freunden vom Wochenende, jedoch scheint für den Siebtklässler Matthias die Woche richtig mies gestartet zu sein: Schon beim Frühstück hat er sich mit seinen Eltern in die Haare gekriegt. Sie werfen ihm vor, dass er zu viel zocke und zu wenig für die Schule mache. Wie zur Bestätigung bekam Matthias dann gleich in der ersten Stunde seine Mathe-Schulaufgabe mit der Note 6 zurück. In dem 13-Jährigen staut sich immer mehr Frust auf. Beim Hinauslaufen in die Pause rempelt ihn noch Marina aus der Parallelklasse versehentlich an. Er merkt, wie er immer wütender wird. „Wenn ihm jetzt noch einer blöd kommt, dann knallt es“, denkt er sich. Und tatsächlich passiert es. Eigentlich ist Marc sein bester Freund, doch am Wochenende hat er bei FIFA19 – beim virtuellen Fußball spielen – gegen ihn verloren. „Na Du Loser“, begrüßt ihn dieser nun grinsend am Pausenhof. Eindeutig zu viel für Matthias: Er schubst seinen Freund in eine Ecke und geht mit erhobenen Fäusten auf ihn los.

Einige Schüler sehen dies, wollen die beiden Kontrahenten schon anfeuern: „Los, schlagt euch“, rufen ein paar. Doch die Streitschlichter Lea, Chiara und Nils sind schneller. Die drei sind Konfliktlotsen und laut aktuellem Dienstplan montags im Einsatz. Sie gehen rasch dazwischen,  trennen die beiden. Die Traube um die Streitenden löst sich schnell, die Streitschlichter gehen mit den Siebtklässlern in die Aula. Dort entscheiden sie, dass Lea und Nils den aktuellen Fall übernehmen und schlichten werden. Hierfür bringen sie die beiden ins Streitschlichter-Zimmer. Chiara Fischer, die Sprecherin der  15-köpfigen Gruppe, berichtet: „Wir haben ein Tafel-System, mit dem wir die Streitenden bei der Suche nach einer Lösung unterstützen.“ Dabei ist immer ein Streitschlichter der Schlichtungspartner für einen der Kontrahenten. Laut den Grundsätzen der Mediation sind „die Schüler selbst die Experten für ihren Konflikt“, weiß Sozialpädagoge Thomas Pfaffinger, der die Streitschlichter seit nunmehr zehn Jahren mit ausbildet.

Eine jede Schlichtung läuft in fünf Schritten ab: Einleitung/Begrüßung – Konfliktdarstellung – Konflikterhellung – Lösungssuche – Vereinbarung. Für jede Phase gibt es spezielle Tafeln sowie gelernte Methoden, mit denen die Streitschlichter Anleitung und Unterstützung geben. „Oftmals geht es eigentlich um Kleinigkeiten, die letztlich in verbalen oder auch körperlichen Auseinandersetzungen münden“, berichten Lea und Nils von ihren Erfahrungen.  „Konflikte sind ganz normal und gehören dazu, wenn Menschen zusammen kommen. Wichtig ist, wie wir mit ihnen umgehen – am besten natürlich gewaltfrei“, schildert Jugendsozialarbeiterin Carola Schmidt, die an der Altmühlfranken-Schule tätig ist. Einige Klassen sind am Standort der Mittelschule mit untergebracht.

Die Mediation von Matthias und Marc verläuft erfolgreich. Nachdem Matthias seinen Frust erzählt hat, kann Marc ihn sogar verstehen. Letztlich entschuldigt sich Matthias für sein Verhalten, beide vereinbaren noch, eine Revanche beim FIFA spielen. Eine gute Schlichtung, die eine sogenannte „win-win-Situation“ für alle Beteiligten mit sich bringt – das große Ziel einer jeden Schlichtung. „Nachteile für die Schüler gibt es bei uns keine“, untermauert Chiara Fischer abschließend. „Wir lösen die Konflikte im besten Fall ganz ohne Verweise, Stress und ohne die Beteiligung von Eltern und Lehrern.“

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